Standpunkt / 22.11.2010

Druckluftspeicher sucht Standort

Demo-Anlage in Sachsen-Anhalt in Planung

Gerd Jäger (RWE Power)

 

Mit dem massiven Ausbau der erneuerbaren Energien nehmen die Schwankungen im Stromnetz deutlich zu. Dieser Herausforderung sollen leistungsfähige und effiziente Stromspeicher begegnen.  Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie treibt hierzu gemeinsam mit der RWE Power AG das Projekt „Adiabater Druckluftspeicher für die Elektrizitätsversorgung“, kurz: ADELE, voran. Seit  November 2010 ist ein Salzstock in Staßfurt die vorrangige Standortoption für diese weltweit erste Demonstrationsanlage. Für Prof. Dr. Gerd Jäger spricht viel für das Projekt.

 

Die Demo-Anlage soll ab 2013 errichtet werden und ab 2016 eine Speicherkapazität von bis zu 360 Megawattstunden und eine elektrischen Leistung von bis zu 90 Megawatt liefern. So soll ADELE in kürzester Zeit ohne weitere fossile Hilfsenergien und damit emissionsfrei Ersatzkapazität im Stromnetz bereitstellen und über etwa vier Stunden rund 50 Windräder ersetzen, wie sie in der Region zum Einsatz kommen. Das Forschungs- und Entwicklungsvorhaben, das das Bundeswirtschaftsministerium fördert und für das insgesamt zehn Millionen Euro bereitstehen, soll bis Ende 2012 die zugehörige Technologie mit Materialtests und Genehmigungsverfahren entwickelt haben. Eine Erweiterung der Demonstrationsanlage nach erfolgreichem Betrieb ist möglich.

Die Struktur des Salzstocks ist durch die Nutzung als Gasspeicher und zur Solegewinnung sehr gut bekannt. Eine vorhandene Kaverne könnte nach entsprechender Anpassung für die Aufnahme der Druckluft genutzt werden. Zudem liegt Staßfurt in einer Region mit einer Vielzahl von Windparks; in Zeiten niedriger Stromnachfrage kann überschüssige Energie zur Befüllung des Speichers genutzt werden. Das funktioniert, in dem zunächst Luft komprimiert wird. Die dabei entstehende Wärme wird zwischengespeichert und die Luft dann in unterirdische Kavernen gepresst. Steigt der Strombedarf wieder, kann die Druckluft unter gleichzeitiger Rückgewinnung der Wärme zur Stromerzeugung in einer Turbine genutzt werden.

Forscher erläutert Ziele

Stromverbrauch (rot) und die Stromerzeugung aus Windkraft (grün) weichen oft stark ab - wie hier in Ostdeutschland im Februar 2008. ©VDE-Studie

„Wir brauchen intelligente Lösungen, um Strom sicher, effizient und in großen Mengen zu speichern. ADELE soll ein innovativer Baustein für eine auch in der Zukunft sichere Stromversorgung sein“, erläutert Prof. Dr. Gerd Jäger, im Vorstand der RWE Power zuständig für den Bereich Forschung und Entwicklung. „Die erneuerbaren Energien nehmen eine faszinierende Entwicklung. Dass wir heute schon 16 Prozent des Stroms aus Wind, Wasser oder Biomasse gewinnen, hat sicher viele überrascht. Diese Ausbau-Geschwindigkeit, das wissen die Fachleute, bedeutet eine große technologische und ökonomische Herausforderung. Wind weht nicht immer dann, wenn man ihn braucht. Und die Sonne scheint nur tagsüber und ist auch abhängig vom Wetter. Deshalb verwundert es nicht, dass im  Energiekonzept der Bundesregierung der Ausbau neuer Speicherkapazitäten als eine zentrale Aufgabe definiert ist. Die Erforschung neuer Speichertechnologien soll deutlich intensiviert werden – Marktreife ist das Ziel. Dass unser Vorhaben in der Entwicklungsphase derzeit durch das Bundeswirtschaftsministerium gefördert wird, ist ein Beleg für diesen Anspruch.

 

Die Zielvorgaben im Energiekonzept sind ambitioniert: Bis 2020 soll der Anteil der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch auf 35 Prozent steigen und bis 2050 sogar auf 80 Prozent. Das bedeutet zum einen einen finanziellen Kraftakt, unter anderem, um die Infrastruktur der Stromversorgung fundamental zu verändern. Stichwort Netze. Stichwort Speicher. Zum anderen braucht es aber auch Zeit, bis der Übergang in eine weitestgehend CO2-freie Stromerzeugung geschafft ist.

Und für den Übergang ist, auch wenn das nicht „sexy“ klingen mag, weiterhin ein breiter Energiemix notwendig. Oder wie es in den Debatten oft genannt wird: Brückentechnologien, die uns in das Zeitalter der erneuerbaren Energien führen. Deshalb sind wir der Überzeugung, dass es richtig ist, die Laufzeit für die Kernkraftwerke in Deutschland, die zu den sichersten weltweit gehören, zu verlängern. Ebenso ist es richtig und notwendig, mit hochmodernen, flexibel steuerbaren konventionellen Kraftwerken eine jederzeit sichere Stromversorgung zu gewährleisten. Das ist ein wichtiger Vorteil für unseren Industriestandort, den wir nicht leichtfertig aus der Hand geben dürfen.

 

Flexibilität, also die Möglichkeit, die Stromerzeugung von Kraftwerken schnell zu regulieren, ist eines der Schlüsselworte, wenn es darum geht, die Herausforderung einer schwankenden  Stromeinspeisung durch die erneuerbaren Energien zu meistern. Unsere Kernkraftwerke, wie auch die konventionellen Kraftwerke müssen und können das leisten.

Das andere Stichwort ist Speicher. Natürlich: Physikalisch ist es leider nicht möglich, Strom leicht zu bevorraten. Allerdings gibt es bereits Lösungen wie Pumpspeicherkraftwerke und Batterien. Das Potential der Pumpspeicher-Anlagen ist leider sehr begrenzt und auch Batterien sind viel zu klein, um die benötigten Strommengen zu speichern. Daher müssen neue Techniken entwickelt werden.

Druckluftspeicher sind ein Weg in die richtige Richtung

Während man bei Pumpspeicherkraftwerken das Medium Wasser verwendet, ist es beim Druckluftspeicher, wie der Name schon sagt, Luft. Für dieses zukunftsweisende Projekt hat RWE Power, gemeinsam mit den Partnern General Electric, Züblin und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) bisher eine Idee durchgeplant und ein Konzept weiter entwickelt. Das Besondere an diesem Konzept besteht darin, dass die bei der Verdichtung der Luft entstehende Wärme nicht einfach an die Umgebung abgegeben, sondern genutzt wird. Jetzt soll die Realisierung einer Demonstrationsanlage in Staßfurt erfolgen. Hierzu sind allerdings noch viele Voraussetzungen zu schaffen. Dies sind im Wesentlichen: Das erfolgreiches Abschließen der technischen Untersuchungen und Planungen, die Finanzierung einschließlich der erforderlichen Förderung und die Geologie des Standortes.

Guter Standort

Dass wir ADELE als neue, innovative Speichertechnik ausgerechnet in Staßfurt erstmalig realisieren wollen, hat eine Reihe guter Gründe: Unsere bisherigen grundlegenden Standortanalysen haben gezeigt, dass die Salzformation des Staßfurter Sattels für den geplanten Druckluftspeicher besonders gut geeignet ist. Die vorhandenen Kavernen machen den Standort zur ersten Wahl für die Demonstrationsanlage.

Die Struktur des Salzstocks, der heute vom Sodawerk Staßfurt zur Solegewinnung und von der RWE Gasspeicher GmbH zur Erdgasspeicherung genutzt wird, ist sehr gut bekannt und erkundet. Die aktuellen Nutzungen werden im Übrigen nicht berührt.

Eine vorhandene Kaverne könnte, nach entsprechender Anpassung, für die Aufnahme der Druckluft genutzt werden. Zudem: Staßfurt liegt in einer Region mit einer Vielzahl von Windparks; in Zeiten niedriger Stromnachfrage kann überschüssige Energie zur Befüllung des Speichers genutzt werden – bei Flaute und entsprechender Nachfrage wieder ins Stromnetz eingespeist werden. Die Kavernen im Staßfurter Salzstock bieten also beste Bedingungen für unser Forschungsprojekt.“

Aktuell geförderte Projekte:

Schematische Darstellung

ADELE-Projekt ©RWE